Clásico mit Nachhall

Lesezeit: 3 Minuten

Real Madrid zementiert durch die erneute 4:1-Demütigung des Erzrivalen aus Barcelona seine unangefochtene Vormachtstellung im spanischen Spitzenfußball. Das einst so ruhmreiche „El Clásico“, über Jahre hinweg geprägt von epischen Duellen seiner Weltstars und unvergesslichen Spielverläufen verkommt immer mehr zu einer einseitigen Machtdemonstration. Real hat den katalanischen Erzrivalen sportlich wie finanziell längst abgehängt und zeigt Xavi, Laporta und Co. auf, wie man auf größtmöglicher Ebene erfolgsorientierten Fußball zelebriert und dabei gleichzeitig ein nachhaltiges Konstrukt mit Zukunftspotential aufbaut. Eine Analyse zur erneuten Machtdemonstration der Blancos in Riad und seine Folgen.

Chancenloser Underdog

In Summe ist dieses 4:1 in der Nachbetrachtung definitiv ein Resultat, das mindestens ein Tor zu hoch ausfällt. Und doch besitzt es einen gewissen Symbolcharakter, wenn wir auf die völlig konträre Gesamtentwicklung der beiden Clubs eingehen. Während Real Madrid seit Jahren einen extrem erfolgreichen Ergebnisfußball zelebriert, dümpelt der FC Barcelona zwischen waghalsigen Sponsorendeals und Transfers mit fragwürdigem Beigeschmack auf der Suche nach der sportlichen Identität herum. Auch am Sonntagabend beim Supercup Finale im saudi-arabischen Riad wurde das einmal mehr deutlich. Während Madrid seine Möglichkeiten mithilfe eines homogen Gebildes aus altgedienten Veteranen und hungrigen Youngstars eiskalt verwertete, haderte Barca wieder einmal mit dem eigenen Schicksal. Platzverweise, Schiedsrichterleistungen oder die eigene Kaderqualität waren auch in den vergangenen Monaten gern genutzte Ausreden, wenn es darum ging, den sportlichen Misserfolg zu rechtfertigen. Das eigene Versagen, vor allem in den ganz großen Spielen, ist ein Phänomen, das verschiedenen Fehlentwicklungen zu Grunde liegt.

Misserfolg mit Ansage

Zur Wahrheit gehört, dass die aktuell handelnden Personen im Kosmos der Blaugrana sicher nicht die Hauptverantwortlichen der sportlichen Dürrejahre im stolzen Katalonien sind. Präsident Laporta übernahm im März 2021 einen finanziell vor dem Ruin stehenden Verein, der eigentlich nicht mehr zu retten schien. Von Anfang an wurde klar kommuniziert, dass die kommenden Jahre zur Wiederherstellung der alten Strahlkraft sowie der finanziellen Konsolidierung dienen sollten. Vereinslegende Xavi kehrte im November des gleichen Jahres als neuer Trainer mit dem klaren Auftrag zurück, den Verein trotz der finanziellen wie sportlichen Misere am besten eher heute als morgen wieder zurück auf Erfolgskurs zu bringen. Allein hier zeigt sich bereits, dass Barca auch zu dieser Zeit fernab der Realität agierte. In der Folge versuchten die Verantwortlichen mit zwielichtigen Sponsorendeals wie fragwürdigen Transfermethoden alles, um Weltstars und vielversprechende Talente an Land zu ziehen, die den Erzrivalen aus Madrid auch sportlich wieder gefährden können. Dieser zeigte sich trotz einer krachenden Niederlage im ersten Clasico unter Xavi (0:4) sowie einer katalanischen Meisterschaft im vergangenen Jahr unbeeindruckt und trieb die eigene Entwicklung voran, die im Wissen des eigenen Fortschritts in einer unbeirrten sportlichen Dominanz resultierte.

Die Uhren laufen in Madrid anders

Im gleichen Zeitraum ging der spanische Rekordmeister finanziell wie sportlich konsequent seinen Weg. Strippenzieher Florentino Perez, Vereinspatriarch und Finanzgenie, stellte mithilfe seiner treuen Gefährten um Geschäftsführer José Angel Sánchez (zum Portrait) und Kaderplaner Juni Calafat trotz enormen finanziellen Einbußen durch die Corona-Pandemie einen schlagfertigen Kader zusammen, der nur immer wieder als „abgezockte Ergebnismaschine“ glorifiziert werden kann. Während Barça sich also mit der eigenen Misswirtschaft vergangener Dekaden konfrontiert sah, konnten die königlichen trotz situativer Rückschläge entspannt die eigene Zukunft gestalten, ohne die etlichen Rohdiamanten am kurzfristigen Erfolgsdruck zerschellen zu lassen. Clásico-Dreierpacker Vinícius Junior, Fede Valverde oder neuerdings Jude Bellingham sind nur die prominentesten Beispiele dieser Praxis.

Statement statt Wendepunkt

Im vergangenen Jahr stellte das 3:1 Barças im Finale gegen Real Madrid den Wendepunkt der Saison dar. Xavis Team konnte den enormen Rückenwind aus dem Erfolg über den Erzrivalen in die Rückrunde mitnehmen und den Meistertitel erringen. Das wünschten sie sich auf Seiten der Katalanen auch diesmal, doch bekanntlich wurde aus diesem frommen Wunsch nichts. Statt einem erneuten Aufschwung für die zweite Saisonhälfte, setzte es ein königliches Statement, das unter normalen Umständen am Saisonende wohl mindestens in der 36. spanischen Meisterschaft münden wird. Barça hingegen sieht sich zwar noch in allen wichtigen Wettbewerben wie Copa del Rey und Champions League vertreten, dürfte aber hinsichtlich sportlicher Ambitionen in bedeutend kleineren Dimensionen denken als der Erzrivale aus Spaniens Hauptstadt.

Für Dich

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert