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Nach nur drei Pflichtspielen beurlaubte Bayer Leverkusen gestern Chefcoach Erik ten Hag. Die Verantwortlichen begeben sich somit erneut auf die Suche nach einem Nachfolger für Erfolgscoach Xabi Alonso. Ein Kommentar zur (erneuten) Trainersuche unterm Bayer-Kreuz.
Als Xabi Alonso die Werkself nach Saisonende verließ und sich mit dem Wechsel zu seinem Herzensclub Real Madrid ermöglichte, stand man in Leverkusen schnell vor der Frage, wie man den charismatischen Basken bestmöglich ersetzen könnte. Den Verantwortlichen war längst klar, dass im Sommer ein nie zuvor dagewesener Umbruch bevorstehen würde. Schnell geisterten diverse Namen durch die Gazetten. Neben ähnlichen Trainertypen wie Cesc Fabregas, Xavi oder Thiago Motta befasste man sich schnell auch mit dem Namen Erik ten Hag.
Verlief seine Zeit bei Manchester United nicht immer glücklich, eilte dem 55-jährgen dennoch weiterhin der Ruf als hervorragender Projekttrainer voraus. Als sich letztendlich abzeichnete, dass Wunschkandidat Fabregas nicht zu bekommen ist, fiel die Wahl auf den Niederländer. Was folgen sollte, war ein rekordverdächtig kurzes Intermezzo, das nach zwei desolaten zum Bundesligaauftakt ein jähes Ende fand.
ten Hag scheiterte in Leverkusen an sich selbst
Ten Hag scheiterte an seinem eigenen Stolz, seiner Arbeitseinstellung, die in der Mannschaft nur wenig Anklang fand. Der Niederländer handelte eigenmächtig, kompromisslos und sei kritikresistent. Schnell zeigten sich Parallelen zu seiner Zeit in Manchester, in der in etliche Querelen mit Führungsspielern (Stichwort Cristiano Ronaldo) verwickelt war. Auch sein spielerischer Ansatz unterschied sich wie Tag und Nacht vom bisherigen Ballbesitzfußball, wie Bayer ihn noch wenige Monate zuvor unter Alonso zelebriert hatte.
Zur Wahrheit gehört: ten Hag ist nicht Alonso, dessen Wirken ohnehin allein aufgrund der ersten Meisterschaft der Vereinsgeschichte Sonderstatus genießt. Einen Nachfolger an den Arbeitsweisen und Charaktereigenschaften seines Vorgängers zu messen, ist schlicht unfair. Das Teamklima sowie die damit verbundene Ratlosigkeit über die taktischen Vorgaben des 55-Jährigen waren so schnell gekippt, dass eine frühe Entlassung schon vor Saisonbeginn ankündigte.
Diese Entwicklung hätten die Verantwortlichen voraussehen müssen. Der Glaube, ein Trainer ändert sich über Nacht, ist schlichtweg blauäugig und wirft ein schlechtes Licht auf die Entscheidungsfindung der Bosse um Simon Rolfes und Fernando Carro. Dass ten Hag das Potenzial besitzt, in Rekordzeit verbrannte Erde zu hinterlassen, wie er es bereits in Manchester tat, war eine Gefahr, der die Verantwortlichen nicht genug Gewichtung beimaßen.
Dass sich Bayer 04 nach nur zwei Spieltagen und einem Punkt zur Trennung entschloss, ist gleichbedeutend mit der erneuten Trainersuche am Rhein. Die Fahndung nach einem geeigneten Mann, der den XXL-Umbruch unterm Bayer-Kreuz moderiert und das Team in eine erfolgreiche Zukunft führt, geht als wieder von vorne los. Viele Kandidaten, die im Sommer bereits im Gespräch waren, tauchen auch diesmal wieder auf.
Xavi, Motta oder doch Mister X?
Da wäre beispielsweise der vereinslose Xavi, Legende des FC Barcelona und bis zum vergangenen Sommer noch Trainer der Katalanen. Der 45-Jährige weißt allein aufgrund seines Spielstils etliche Parallelen zu Alonso auf, die der Werkself ohne Zweifel gut zu Gesicht stehen würden. Auch sein Händchen für junge Spieler stellte der Welt- und Europameister bereits eindrucksvoll unter Beweis. Auch Thiago Motta (zuletzt Juventus Turin), würde allein aufgrund seiner taktischen Herangehensweise eine logische Wahl darstellen.
Sollten sich die Verantwortlichen erneut auf einen deutschsprachigen Trainer fokussieren, rücken andere Namen in den Vordergrund. Von einer Verpflichtung wie Edin Terzic oder Marco Rose ist den Verantwortlichen dringend abzuraten. Zu destruktiv erwiesen sich beide auf ihren vergangenen Stationen. Setzt man auf ein Überraschungsmoment, könnte beispielsweise Trainerroutinier Lucien Favre in den Fokus rücken. Auch der Davide Ancelotti (aktuell Botafogo), wäre eine spannende Alternative, die den Alonso-Faktor mitbringen würde.
In jedem Fall ist festzustellen: Egal wer der neue Übungsleiter in Leverkusen wird, er sollte nicht an den Maßstäben eines Alonso gemessen werden. Jeder Coach bringt seine eigene Philosophie mit genauso wie einst der Meistercoach, der auf seine eigene Weise zur Klublegende avancierte.