Borussia Dortmund: Das nächste Schalke 04?

BVB – https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.en Foto: pxhere

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Borussia Dortmund befindet sich sportlich in turbulenten Zeiten. Während interne Machtkämpfe im Verein den Alltag bestimmen, wirkt das Team auf dem Platz zunehmend planlos. Will der BVB nicht enden wie Lokalrivale Schalke 04, muss sich dringend etwas verändern.

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18 Spiele, 25 Punkte, dazu einen eklatante Auswärtsschwäche mit nur fünf Punkten aus zehn Partien. Das ist die nüchterne Bilanz, die Chefcoach Nuri Sahin letztendlich um seinen Job bei Borussia Dortmund brachte. Während es sportlich am Borsigplatz also überhaupt nicht läuft, verspricht der BVB sich von einem neuen Impuls auf der Trainerbank nun den Turnaround. Doch wagt man einen genaueren Blick auf die Strukturen innerhalb des Vereins, wird schnell klar, dass die Probleme mit einem Trainerwechsel keinesfalls zu lösen sind.

Die einst zweitstärkste Kraft Deutschlands hat seinen Status längst an Bayer Leverkusen verloren, das in Rekordtempo an den Schwarz-Gelben vorbeigezogen ist. Auch die Emporkömmlinge aus Frankfurt und Stuttgart schicken sich bei gleichbleibender Entwicklung an, den BVB mittelfristig komplett zu überholen. Auch wenn dies in wirtschaftlichen Dimensionen zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht absehbar erscheint, nimmt dies sportlich mehr und mehr Form an.

Die Entwicklung der letzten Jahre ist natürlich eng mit der Trainerpersonalie verknüpft. Oftmals setzte der Verein dabei in den vergangenen Spielzeiten auf einen Übungsleiter mit Stallgeruch. Egal ob Edin Terzic, Nuri Sahin oder nun interimsmäßig Mike Tullberg. Die Dauer der Vereinszugehörigkeit wird immer wieder als entscheidendes Kriterium herangezogen.

Interne Machtkämpfe

Ex-Coach Sahin nahm sich nach der 1:2-Niederlage gegen Bologna in der Champions League selbst in die Verantwortung. Er wisse natürlich „wie das Geschäft läuft“. Doch was der 36-Jährige sich vor allem für „seinen“ BVB wünscht: Ein Borussia Dortmund, das „endlich zur Ruhe findet“ und „keine Nebenkriegsschauplätze“ mehr hat. Ein Satz, der tief blicken lässt.

Die Hierarchie innerhalb eines derart bedeutenden Clubs wie Borussia Dortmund sollte genauso klar geregelt sein, wie die internen Zuständigkeitsbereiche. Zumindest sollte man das meinen. Doch interne Querelen sind beim BVB bereits seit Monaten an der Tagesordnung. Sahin wirkt nur wie das schwächste Glied einer Nahrungskette, die sich untereinander selbst zerfleischt.

Angefangen bei Sportdirektor Sebastian Kehl. Der 44-Jährige gilt sportlich als Gesicht der Kaderplanung. Der Architekt eines Kaders, der auch in dieser Saison wieder erhebliche Mängel aufweist. Doch ist das wirklich so? Die Antwort ist dabei gar nicht so einfach, denn in Dortmund sind einfach zu viele Kräfte am Werk. Nicht umsonst besagt ein altes Sprichwort: Zu viele Köche verderben den Brei.

Mangelhafte Kaderplanung

Die Bilanz der BVB-Neuzugänge ließt sich auch in diesem Jahr wieder ernüchternd. Der für die Baustelle hinten rechts verpflichtete Yan Couto erweist sich bislang schlichtweg als nicht konkurrenzfähig. Für 30 Millionen Euro plus vier Millionen an Leihgebühr werden die Schwarz-Gelben den 22-Jährigen am Saisonende dennoch verpflichten (müssen). Zur Erinnerung: Am Ende der vergangenen Spielzeit entschieden sich die Verantwortlichen gegen die Festverpflichtung von Ian Maatsen, der für eine signifikant höhere Summe zu haben gewesen wäre.

Gleiches gilt neben der Großbaustelle Innenverteidigung auch für Transfers wie den von Maxi Beier. Der 22-Jährige, prädestiniert für die Rolle als hängende Spitze hinter dem einzigen sportlichen Volltreffer Sehrou Guirassy, lief monatelang auf der Außenbahn auf. Auch hier stellt sich wieder die Frage: Wollte Sahin den EM-Teilnehmer gar nicht? Oder besser: Wollte Sportdirektor Kehl ihn überhaupt?

Alphatiere im Clinch

Zuletzt sickerten pikante Interna an die Presse durch. Kehl habe im vergangenen Sommer intern mit Hochdruck auf eine Verlängerung von Routinier Mars Hummels gedrängt. Doch die BVB-Bosse lehnten ab. Zu unbequem erschien der meinungsstarke Innenverteidiger, zu klar für die Wohlfühloase Dortmund. Das derartige Informationen genau jetzt ans Licht kommen, wo die Stimmung endgültig zu kippen droht, wirft Fragen auf. Der Verdacht liegt nahe: Kehl, der intern als stark angezählt gilt, versucht sein Image aufzupolieren.

Den alleinigen Sündenbock für die unzureichende Kaderplanung will er nicht geben. Dass der Verein erst vor wenigen Wochen bis 2027 mit dem 44-Jährigen verlängerte, passt in ein verworrenes Bild. Ein Bild, dass direkt zur nächsten Schlüsselpersonalie führt: Sven Mislintat. Der einstige Talente-Späher tritt intern nämlich ebenfalls meinungsstark auf. Eine Eigenschaft, die ihm die Rückkehr nach Dortmund erst ermöglichte. Paradoxerweise aber auch eine Eigenschaft, die ihn schon bald wieder den Kopf kosten könnte.

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Zwischen Kehl und dem 52-Jährigen sorgten unterschiedliche personelle Auffassungen in den vergangenen Monaten immer wieder für Zündstoff. Mislintat gilt als Alphatier, das sich sportlich nur ungern etwas sagen lässt. Kehl ist diesem als Sportdirektor allerdings faktisch übergeordnet. Dass der ehemalige Sportvorstand des VfB Stuttgart sich bereits mehrmals über Kehl hinwegzusetzen versuchte, passt ins Bild. Dass beide über den kommenden Sommer hinaus zusammenarbeiten werden, gilt als nahezu ausgeschlossen.

Das Mislintat überhaupt wieder zum BVB zurückkehren konnte, hat er den mächtigen Vereinsoberen zu verdanken. Genauer gesagt Hans-Joachim Watzke, dessen Nachfolger Lars Ricken sowie dem externen Berater Matthias Sammer. Während der scheidende CEO seit Jahren nur noch Entscheidungen zu treffen scheint, die der eigenen Reputation dienen (Stichwort Stallgeruch), fungiert sein designierter Nachfolger auch kommunikativ als Watzkes Schattenmann.

Quo vadis, BVB?

Ricken, der seine sportlichen Fußstapfen als Funktionär in Dortmund erst noch hinterlassen muss, hat mit Sammer einen ebenfalls meinungsstarken Ratgeber an seiner Seite. Seine knallharten Analysen bringt der 57-Jährige in aller Regelmäßigkeit als Experte bei Prime Video zum Ausdruck. Wohin diese in internen Elefantenrunden dann verschwinden, bleibt unklar. Denn seit Sammers Rückkehr nach Dortmund blieb die sportliche Weiterentwicklung größtenteils aus.

Sportliche Erfolge wie die Beinahe-Meisterschaft 2023 oder der Einzug ins Champions-League-Finale im vergangenen Jahr täuschen über die unzähligen Probleme im Verein hinweg. Egal ob es die fragwürdige Kaderplanung ist oder die fehlende sportliche Weitsichtigkeit: In Dortmund scheint eine sportliche Radikalkur längst überfällig. Sonst endet man am Borsigplatz irgendwann noch wie der große Rivale aus Gelsenkirchen.

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