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Nun ist es also endlich passiert: Hansi Flick ist nicht länger Trainer der deutschen Fußballnationalmannschaft. Ein wenig überraschender Schritt, der dennoch viel zu spät kommt und wieder einmal die massiven Probleme des DFB und seiner mangelhaften Entscheidungsstruktur aufzeigt. Wieso der Bundestrainer vor allem an den eigenen Idealen gescheitert ist, wie es jetzt bis zur EM weitergeht und weshalb der Deutsche Fußballbund sich schnellstens ganzheitlich hinterfragen muss, erfahrt ihr im heutigen Kurzkommentar zu einem Szenario, das schon vor neun Monaten hätte verhindert werden müssen.
Sehenden Auges ins eigene Verderben
Wir schreiben den 01.12.22. Die deutsche Nationalmannschaft ist gerade zum zweiten Mal hintereinander krachend in der Gruppenphase einer WM-Endrunde gescheitert. Die Enttäuschung ist riesig und schnell stehen die Namen des Misserfolgs zur öffentlichen Diskussion: Oliver Bierhoff, bereits nach dem WM-Aus 2018 schwer angezählt, nimmt freiwillig seinen Hut und macht Platz für einen Neuanfang, der letztendlich nie einer werden sollte. Denn anstatt den völlig deplatziert sowie überfordert wirkenden Flick ebenfalls gleich mitzuentlassen und Raum für neue Impulse im Kern der Mannschaft zu schaffen, hält man stur am 58-Jährigen fest und installiert stattdessen für mehr oberflächliches „Know-how“ eine DFB-Taskforce, die den neu eingesetzten Sportdirektor Rudi Völler systematisch entlasten und ihm mit Rat und Tat zur Seite stehen soll. Rund neun Monate nach dem Debakel von Katar lässt sich nur eins mit Sicherheit feststellen: Man hat auch hier wieder einmal komplett versagt.
Alles zur Flick-Entlassung in unserer neuen Podcastfolge
Für Fans schon lange nicht mehr attraktiv
Dass eine Nationalmannschaft die Menschen aufgrund ihrer unattraktiven sowie gleichermaßen erfolglosen Spielweise bereits seit Jahren nicht mehr mitzieht, ist schon Armutszeugnis genug. Doch dass eine Entwicklung, die (aller-)spätestens seit dem erneuten Aus in der WM-Gruppenphase 2022 einen kata(r)strophalen Gipfel erreichte, toppt bisher alles dagewesene noch einmal um ein Vielfaches. Fakt ist für jeden, der sich in der Vergangenheit tiefer mit der Thematik Nationalmannschaft auseinandersetzt hat, dass die derzeitige Krise hätte frühzeitig verhindert werden müssen. Alle Beteiligten, die sich in angesprochener Taskforce mit der klaren Zielsetzung zusammenfanden, die EM 2024 im eigenen Land bestmöglich vorzubereiten, wussten, worum es im Vorfeld eines solchen Turniers im eigenen Land geht. Schlüsselelemente wie ansehnlicher Fußball und die damit einhergehende Euphorie waren unerlässlich auf dem Weg zu einer kollektiven Vorfreude, die so niemals aufkommen konnte. Dass besagte Faktoren jedoch schon fast ein Jahr vor Turnierbeginn im Keim erstickt wurden, gehörte sicherlich nicht zum Plan der verantwortlichen Entscheidungsträger.
Es kann kein „Weiter so“ geben
So sieht sich der DFB wieder einmal an einem neuen Tiefpunkt angekommen, von dem man gar nicht mehr zum glauben gewagt hatte, man könnte ihn überhaupt noch erreichen. Nach der Entlassung von Flick stehen nun am morgigen Dienstag gegen Frankreich mit Rudi Völler, Sandro Wagner und Hannes Wolf drei Interimstrainer auf der Kommandobrücke, die einen möglichst reibungslosen Übergang gewährleisten sollen. Doch wie geht es danach überhaupt weiter? Das scheint der DFB nach der kurzfristigen Entlassung von Hansi Flick und der ungeklärten Nachfolgerfrage selbst nicht genau zu wissen. Genau dieser Umstand steht wieder einmal sinnbildlich für die dilettantisch anmutende Personalplanung und die damit verbundenen Abläufe des einst so stolzen Weltmeisters. Julian Nagelsmann? Oliver Glasner? Sandro Wagner? Oder doch Louis van Gaal? Kandidaten gibt es viele, gute Ideen dafür umso weniger. Wie auch, wenn nicht einmal klar ist, welche Ziele man überhaupt verfolgt. Welcher Trainer lässt sich bei derart desaströs wirkenden Umständen freiwillig auf ein solches Himmelfahrtskommando ein? Wohl die wenigsten.