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Meine Begeisterung für das Projekt Bayer Leverkusen unter Xabi Alonso habe ich hier in diesem Blog nicht erst einmal zum Ausdruck gebracht. Gleichzeitig bin ich sicher nicht der Einzige, dem auffällt, dass an diesem Bundesligastandort gerade still und heimlich eine Meistermannschaft entsteht, oder? Egal ob sie auf den Namen Alejandro Grimaldo, Jonas Hofmann, Granit Xhaka hören, dass alles sind Transfers, die sich mit dem Anspruch vereinen, in dieser Saison nach den Sternen zu greifen und sich im Schatten des großen öffentlichen Drucks auf die Konkurrenten aus München und Dortmund frühzeitig als möglicher Nutznießer zu positionieren. Nicht zuletzt aufgrund der enorm spannenden Kaderkonstellation sowie einer einzigartigen Möglichkeit, wollen wir heute im Folgenden erörtern, wie und warum es diesem Team wirklich gelingen könnte, sich dem Beinamen „Vizekusen“ endlich zu entledigen.
Statement-Transfers als Schlüssel
In den vergangenen Jahren war die Transferpolitik des Vereins deutlich eher darauf ausgelegt, junge Spieler zu verpflichten und sie effektiv weiterzuentwickeln. Bayer kannte seinen Platz in der Nahrungskette und richtete so sein Kaufverhalten Jahr für Jahr genau nach diesem Prinzip aus. Wurden derart talentierte Akteure zu groß für den Verein, verkaufte man sie für horrende Summen und machte sich schnell wieder auf die Suche nach neuen Rohdiamanten, die folglich ein konkurrenzfähiges Gebilde formten. So lief es zumindest bisher. In diesem Sommer allerdings deutet sich im beschaulichen Rheinland unter Trainer Xabi Alonso ein Kurswechsel an, der den Anspruch manifestiert, nach Höherem zu streben. Schaut man auf die bisherigen Neuzugänge, bekommt man zügig einen Eindruck von der Vision der sportlich Verantwortlichen: Granit Xhaka (15 Mio Ablöse), bisheriger Kapitän des FC Arsenal, Alejandro Grimaldo (ablösefrei), bisheriger Kapitän von Benfica Lissabon oder Jonas Hofmann (10 Mio Ablöse), Führungsspieler von Borussia Mönchengladbach, sind absolute Statement-Transfers, die ein klug durchdachtes Mannschaftsgefüge nahezu perfekt ergänzen. In Leverkusen war ohnehin ein Umbruch vonnöten, der jetzt mit der nötigen Weitsicht und dem Auge für die Vakanz auf den jeweiligen Schlüsselpositionen charakterlich hochkarätig besetzt wurde. Zählt man noch den kürzlich vollzogenen Transfer von Stoßstürmer Victor Boniface (Union Saint-Gilloise /20,5 Mio Ablöse) dazu, hat man in Leverkusen eine Menge Geld in die Hand genommen, um den Kader qualitativ merklich aufzurüsten. Das, was hier entsteht, kann auf Ebene der Konkurrenzfähigkeit und der Ziele in Hinblick auf die neue Saison unmöglich an der Öffentlichkeit vorbeigehen: Mit diesem Verein ist im Kampf um die Meisterschaft absolut zu rechnen.
Das Potential zum ganz großen Wurf
Doch was macht mich da so sicher? Zum einen sehe ich die bisherige Amtszeit von Xabi Alonso, besonders aber die vergangene Rückrunde, in der Leverkusen von Platz 17 bis auf Platz 6 durchmarschierte und so doch noch die nicht mehr für möglich gehaltene Qualifikation für die UEFA Europa League perfekt machte. Die Mannschaft zeigte immer wieder überragende Ansätze wie beispielsweise beim 2:1 Heimerfolg gegen den FC Bayern im vergangenen März, als Alonso die Münchener und deren damaligen Trainer Julian Nagelsmann dermaßen auscoachte, dass ganz Fußballdeutschland nur noch anerkennend Beifall klatschen konnte. Dieses Team und dieser Trainer finden immer besser zueinander und werden jetzt auch noch von enorm starken Neuzugängen ergänzt, die durch ihren Hunger einen extremen Einfluss auf das Selbstvertrauen sowie den Fokus bezüglich der sportlichen Ziele nehmen werden. Der Mix aus Alonsos Input, seinen mentalitätsstarken Führungsspielern und dem jungen Rudel, dass seinen Anführern bedingungslos folgt, könnte ein bedrohliches Konglomerat für jeden darstellen, der es mit ihnen aufzunehmen versucht. Verwunderlich ist, wie bereits erwähnt, dass die Positionierung des Vereins sowie seine offensichtliche Strategie auf dem Transfermarkt völlig an der Öffentlichkeit und ihren Berichterstattern vorbeizugehen scheint, weil die Aufmerksamkeit naturgemäß grundsätzlich eher auf Branchenprimus Bayern München sowie dem BVB und seinen fragwürdigen Personalentscheidungen liegt.
Kommt Zeit kommt Rat
Für die Werkself können das nur gute Nachrichten sein, denn so baut man sich in aller Stille eine wettbewerbsfähige Truppe zusammen, die vollständig nach dem Gusto des Trainers beschaffen ist und so die nötige Zeit bekommt, an sich selbst und ihrem Umfeld zu wachsen. Dass Alonso zusammen mit seinem Team in der Vorbereitung auf die neue Saison seine erste intensive Zeit mit der Mannschaft erlebt und Abläufe perfektionieren kann, ist der fortschreitenden Implementierung seiner Spielidee sicher nicht hinderlich. Als Gruppe zu wachsen erfordert, auch im so schnelllebigen Fußballbusiness, stets eine gewisse Anlaufzeit und Werte wie Vertrauen, Demut und Lernbereitschaft. Die aktuelle Ruhe spielt dem ehemaligen Weltklasseakteur Alonso definitiv in die Karten, denn auch er weiß durch seine jahrelange Erfahrung als Spieler: Sobald sich die ersten Erfolge andeuten und sich abzeichnet, zu was dieses Team im Stande ist, wird der Medientrubel in Leverkusen schon früh genug eintreffen. Spätestens dann wird sich zeigen, ob die Arbeit der Verantwortlichen Fürchte getragen hat und wie gefestigt das Gebilde Bayer Leverkusen letztendlich wirklich ist.