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Wir haben in den letzten Jahren vor allem auf Ebene des Clubfußballs schon so einige Reformen, Revolutionen und Neuausrichtungen erlebt. Mal mehr bahnbrechend, mal weniger und genauso verhält es sich mit der Sinnhaftigkeit solcher Entscheidungen. Der Videobeweis, die Abseitsregel, die Handspielthematik… das könnten wir jetzt noch unendlich so weiterführen, aber ich denke, jeder weiß längst, was gemeint ist. Treibende Kraft hinter derartigen Neuerungen waren dabei stets unsere allseits beliebten Dachverbände, im europäischen Fall die UEFA. Gab es von dieser Seite aus bereits den ein oder anderen „Geistesblitz“, kamen kürzlich die detaillierten Pläne zur geplanten Reform der Champions League ab der Saison 24/25 ans Licht. Was sich für die Vereine dabei grundlegend ändert, warum diese Organisation mir und vielen anderen schon lange ein Dorn im Auge ist und wie wir die präsentierten Pläne im Hinblick auf die Zukunft zu verstehen haben, erfahrt ihr im folgenden Kommentar.
Was ändert sich?
Was die UEFA öffentlich anstrebt, ist, den eigenen Wettbewerb langfristig attraktiver zu machen. Damit das gelingt, sitzen die Entscheidungsträger jenes Verbandes regelmäßig zusammen und tagen dabei bezüglich verschiedenster Neuerungen. Auch bei einer Wettbewerbsreform zur Champions League machten sie da keine Ausnahme und arbeiteten ein Konzept aus, das Fans aus aller Welt begeistern soll. Doch was beinhaltet dieses? Statt der bisher 32 am Wettbewerb partizipierenden Mannschaften sollen zukünftig sogar 36 Teams die Chance erhalten, im Konzert der ganz Großen mitzuspielen. Heißt im Umkehrschluss: Mehr fixe Startplätze für Europas Top-5-Ligen. Auch der Modus, der sich selbstredend durch die erhöhte Anzahl an Mannschaften ändert, bietet dabei gewöhnungsbedürftige Neuerungen: So gibt es ab der kommenden Saison keine klassische Gruppenphase mehr, sondern nur noch eine große Liga, in der jede Mannschaft insgesamt acht Partien gegen genauso viele Gegner bestreitet. Ermittelt werden die Paarungen durch die Auslosung vier gleich großer Töpfe, die absteigend (wie bisher) nach deren jeweiligen UEFA-Koeffizienten angeordnet werden. Die K.-o.-Phase, beginnend ab dem Achtelfinale, setzt sich aus den acht besten Teams der regulären Ligaphase zusammen und wird vervollständigt durch die Sieger der Playoff-Duelle der Plätze 9 bis 16 und 17 bis 24. Anschließend wird es auch keine Auslosungen mehr geben, denn die gesamte Kampagne wird im Vorhinein, analog zu einer EM oder WM, in einem festen Turnierbaum durchgeplant. So viel zum grundsätzlichen Regelwerk und dem angedachten Modus. Wer bis jetzt noch nicht alles verstanden hat, bitte keine Sorge: Die Verwirrung ist nicht nur bei dir groß.
Warum diese Revolution?
Wie ich dieser Revolution und dem propagierten Gedanke oberflächlicher „Verbesserung“ gegenüberstehe, dürfte bereits klargeworden sein. Dass die UEFA durch ihre Ideen und Konzepte sowieso in 99% der Fälle nur die Vervielfachung monetärer Anreize im Sinn hat, sollte in der Welt des Fußballs eigentlich längst kein Mysterium mehr darstellen. Dass es unser europäischer Dachverband trotzdem weiterhin vorzieht, unter dem Deckmantel geschickter, öffentlichkeitswirksamer Kommunikation die Werte des Fußballs wie Vielfältigkeit, Spannung und Fairness dafür zu missbrauchen, einen solch traditionsreichen Wettbewerb zu verunstalten, ist mal wieder die reinste Farce. Weder der neue Modus, den ich mit Achtelfinal-Playoffs zwischen dem FC Porto und Lazio Rom gedanklich schon jetzt abschalte, noch die auf 36 aufgestockte Teilnehmerzahl versprechen mehr Spannung, sondern ausschließlich mehr Spiele und damit mehr Geld. Dass man hier mal wieder als die Wurzel allen Übels agiert und Wasser auf die Mühlen all derer gießt, die den Fußball Stück für Stück zu einem langweiligen Konsumprodukt verkommen sehen, vewundert dabei kein bisschen. Und in diesem Zuge übrigens auch nicht, dass man die Super League-Pläne von Real Madrid und Co. öffentlich diskreditiert, den Initiatoren mit Sanktionen droht, weil sie mit dem Hintergedanken des finanziellen Profits gleichzeig einen spannenderen Wettbewerb erschaffen wollen. Immerhin hat diese Vereinigung schon mal einen Punkt besser verstanden als die UEFA. Also, Freunde: Wer ist hier eigentlich der Böse?
Demokratie ist out
Die Berücksichtigung von Faninteressen oder die Umsetzung demokratischer Prozesse hat die UEFA ohnehin noch nie groß interessiert, was deshalb auch jene Pläne nicht weiter verwunderlich macht. Deutlich interessanter gestaltet sich der Gedanke zu möglichem Gegenwind seitens der Clubs, der Mehrbelastung sowie der schleichenden Verwahrlosung dieses Wettbewerbs. Das Ligensystem (Stichwort Nations League) hat es Präsident Aleksander Čeferin und Co. ja ohnehin schon seit längerem angetan. Folglich der völlig klare Gedanke: Warum dann nicht gleich den profitabelsten aller Wettbewerbe ausschlachten? Hätte man auch früher drauf kommen können, oder? Sportlich zieht man hieraus ebenfalls keinen Mehrwert und bietet nur noch mehr Angriffsfläche als ohnehin schon, um die Pläne zur Super League weiter gedeihen zu lassen. Chefkritiker Florentino Peréz (Präsident Real Madrid) wird sich jedenfalls jetzt schon ins Fäustchen lachen. Was macht die UEFA ohne Madrid, Barça und Co.? Vielleicht rückt dann ja der litauische Meister Žalgiris Vilnius nach, um die Champions League auch weiterhin bestmöglich vertreten zu können.
Selbstkritisches Fazit
Gesteigerte Attraktivität durch die CL-Reform? Fehlanzeige. Demokratische Prozesse in die Entscheidungsfindung miteinbeziehen? Fehlanzeige. Vertretung der Faninteressen bezüglich dieser Zukunftsprojekte? Natürlich: Absolute Fehlanzeige. Das alles verwundert nicht und ist auch im Rahmen dieser nun vor kurzem veröffentlichten Details kein Ereignis, das aus heiterem Himmel kommt. Dennoch darf es nicht ausbleiben, die UEFA in ihrer Willkür weiterhin scharf zu kritisieren. Am Ende muss ein jeder aber auch vor seiner eigenen Haustür kehren, der das Konsumprodukt Fußball weiterhin beansprucht und so diese Machenschaften aktiv duldet. Wir können nur Veränderungen anregen, wenn wir uns im Kollektiv gegen derartige Reformen auflehnen bzw. den Dialog mit den Clubs suchen, die hierbei als Sprachrohr dienen können. Konzentriert man genug öffentlichen Druck auf eine solche Institution, können wir vielleicht hier auch Etwas bewegen. Ansonsten bleibt bis dahin nur zu hoffen, dass sich die geistigen Ergüsse des Verbands zukünftig (vorläufig) wieder in Grenzen halten.