Carlo Ancelotti – https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/deed.en Foto: Светлана Бекетова
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Der FC Barcelona hat es wieder getan. Oder besser: Real Madrid hat es wieder getan. In der spanischen Supercopa kamen erschreckend schwache Madrilenen gegen erneut gnadenlose Katalanen komplett unter die Räder – und das bereits zum zweiten Mal in dieser Spielzeit. Fakt ist: So gewinnt Real Madrid in diesem Jahr keinen Blumentopf.
2:5 hieß es am Ende im saudi-arabischen Jeddah aus Sicht der Königlichen. Innerhalb von nicht einmal drei Monaten wurden planlose Blancos zum zweiten Mal in ihre Einzelteile zerlegt. Ein gnadenloses Barcelona erteilte Carlo Ancelotti und Co. nicht nur eine Lehrstunde in Sachen Geradlinigkeit und Effizienz, sondern führte ihnen auch vor Augen, wie sehr man in Madrid mittlerweile in die eigene Arroganz vertieft ist. Allein mit individueller Klasse lassen sich keine Spiele mehr gewinnen. Gegnervorbereitung ist für Real längst zum Fremdwort geworden.
Fak ist: Taktik und Analyse gehörten noch nie zum Spezialgebiet des großen Ancelotti, der seine Stärken stets darin verstand, ein Team auf individueller Ebene mit dem nötigen Selbstvertrauen auszustatten. Für seine Spieler geht der Italiener auch in schlechten Zeiten durchs Feuer. Was aber passiert, wenn ein unbeaufsichtigtes Lodern zum wütenden Inferno verkommt, stellten die Madrilenen gestern höchst selbst unter Beweis.
Die Könige sind schachmatt
Denn in erster Linie schlugen sie sich in Madrid gestern selbst. Der FC Barcelona war bisweilen völlig überfordert wirkenden Blancos stets zwei Schritte voraus. In jeder Aktion des Spiels war klar zu erkennen: In Sachen Mentalität als auch in Sachen Taktik waren de Blaugrana ihrem Kontrahenten bereits vor dem Anpfiff hoffnungslos enteilt. Barca-Coach Hansi Flick erkannte, dass er seinen Gegenüber mit einfachsten Maßnahmen schnell schachmatt setzen würde. Ancelotti hingegen schickte sein Team durch seinen desolaten personellen wie spieltaktischen Ansatz schon vor dem Anpfiff ins Verderben.
Während sich unfassbar effektive Katalanen, die ab Minute 58 sogar in Unterzahl agierten, einfachster Mittel bedienten, um die Königliche Abwehrreihe zu überspielen, schauten die Blancos einfach nur tatenlos zu. Dass an diesem Abend die falschen Spieler auf dem Platz standen, erkannte jeder außer Ancelotti.
Ancelotti & Real: Namen statt Leistung
Warum ein haarsträubend agierender Tchouameni bis zu Minute 51 (da stand es bereits 1:5) als Innenverteidiger agierte, weiß wohl niemand. Anstatt das drohende Debakel bereits mit dem Halbzeitpfiff durch eine Hereinnahme von Raul Asencio abzuwenden, lief Ancelotti erneut sehenden Auges ins Verderben. Dass die desolate Außenverteidigung um Lucas Vazquez und Ferland Mendy bis Minute 51 bzw. bis Minute 76 auf dem Platz standen, ist nichts weniger als katastrophales Personalmanagement.
Bezeichnend: Genauso wie Asencio erhält mit Fran Garcia ein weiterer Castilla-Absolvent in den großen Spielen keinerlei Vertrauen. Was die ganze Welt erkennt, wischt Ancelotti stur beiseite. Ähnliches gilt bei Brahim Diaz, der einem seit Monaten unbeständigen Rodrygo sportlich längst enteilt ist. Doch auch hier zählt nur der Name.
Normalerweise würde man jetzt sagen: In Madrid müssen sich die Dinge schleunigst ändern. Doch das werden sie nicht. Wer von Ancelotti die nötige Einsicht und die damit einhergehende Selbstreflexion erwartet, wird in den kommenden Wochen genau eins erwarten: Gar nichts. Warum sollte der 65-Jährige auch etwas verändern, was ihn seit Jahrzehnten zu einem der erfolgreichsten Trainer des Weltfußballs gemacht hat?
Werden die Vereinsoberen um Florentino Perez und Co. nicht schnellstmöglich aktiv, gewinnt diese Mannschaft im Jahr 2025 keinen Blumentopf. Ein Ferrari ausgestattet mit dem Motor eines Fiat Panda kann seine PS nicht auf die Straße bringen. Und das wird er auch nicht, so lange der Fahrer das Offensichtliche nicht erkennt. Doch auch zu dieser Erkenntnis wird man in Madrid wohl erst kommen, wenn es endgültig zu spät ist.