Logo Real Madrid – https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/ Foto: Mirek2621
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Raúl Asencio ist bei Real Madrid so etwas wie der große Gewinner der schier endlosen Verletztenmisere. Weil Führungsspieler wie Éder Militão und David Alaba derzeit mit einem Kreuzbandriss ausfallen, rückte der 21-Jährige bei den Königlichen unverhofft ins Rampenlicht. Seine Performances seit seinem Debüt sind zweifellos beeindruckend. Wir stellen euch den madrilenischen Shootingstar deswegen in der neuesten Ausgabe von Rising Ballers vor.
Vorname Raúl. Nachname Asencio. Während beide Namen zumindest dem Wortlaut nach bei unzähligen Madridistas einiges an Nostalgie hervorrufen dürften, lastet auf den Schultern des jungen Mannes, der diesen Namen trägt, bereits seit Wochen enorm viel Verantwortung. Die Besonderheit dabei: Asencio, eigentlich Mitglied der „Castilla“ (Reals zweite Mannschaft), rückte ins Team, weil Real die Alternativen ausgingen. Doch wer ist dieser Mann und warum prognostiziert man ihm bereits in diesem Stadium seiner Karriere eine derart rosige Zukunft?
Junge Spieler, die sich als draufgängerische Emporkömmlinge aufgrund verschiedenster Umstände in einem Spitzenteam etablieren, werden in der impulsiven Medienlandschaft schnell mal voreilig zum nächsten Superstar erklärt. Wo viele Talente an diesen Superlativen gnadenlos zerschellen, gibt es auch die, die erst unter dem Scheinwerferlicht ihr volles Potenzial abrufen. Raul Asencio ist einer dieser Spieler.
Mit seiner kompromisslosen wie geradlinigen Art wirkt der 1,84 Meter große Defensivmann im Alter von nur 21 Jahren im Konzert der ganz Großen bereits wie ein abgezockter Hund. Druck kennt der oftmals stoisch wirkende Rechtsfuß nicht. Bestes Beispiel: Asencio feierte seine Champions-League-Premiere als Startelfspieler in Anfield.
Vergleiche mit Sergio Ramos
Asencio, der bei Real gemeinsam mit Antonio Rüdiger die Innenverteidigung bildet, definiert sich in seinem Spiel besonders über seine Vielseitigkeit. Wirkt der Mann von der Insel Las Palmas nach Außen hin oft wie ein Raubein, bietet sich erst bei genauerem Hinsehen ein Blick auf sein gesamtes spielerisches Portfolio. Weil der 21-Jährige neben seiner natürlichen Ruhe auch ein gutes Stellungsspiel sowie einen überdurchschnittlich guten Spielaufbau an den Tag legt, wurden in letzter Zeit immer wieder Vergleiche mit Vereinsikone Sergio Ramos laut.
Auch wenn derartige Vergleiche in diesem frühen Stadium seiner Karriere noch vermessen erscheinen, vereint Youngster vieles auf sein Spiel, was auch Reals langjährigen Kapitän einst auszeichnete. Asencio fiel bereits in jungen Jahren immer wieder als Lautsprecher auf. Der Rechtsfuß ist ein natürlicher Kommunikator, der die Abwehr in Manier eines Veteran organisiert. Der 21-Jährige bringt durch sein Wesen die natürliche Fähigkeit mit, eine Mannschaft anzuführen.
Asencios Weg verlief nicht immer geradlinig
Doch auch für Asencio ging es nicht immer steil nach oben. Bereits seit seinem 16. Lebensjahr kickt der Spanier bei Real, der aus der Jugendabteilung Las Palmas im Jahr 2017 nach Madrid wechselte. Für den versierten Rechtsfuß galt es seitdem trotz beständiger Leistungen, sich in Geduld zu üben. Denn in Madrid war in den vergangenen Jahren einfach kein Platz für den Sprung zu den Profis. Der Traum eines jeden Jugendspielers, der in der heutigen Zeit bereits mit 16 Jahren keine Seltenheit mehr ist, schien für Asencio fernab jeglicher Realität.
Mit dem Wissen, dass sich für ein Talent in Madrid in den vergangenen Jahren nur selten eine Chance bot, wurde der 21-Jährige im vergangenen Sommer immer wieder mit einem Abgang in Verbindung gebracht. Die City Football Group signalisierte großes Interesse an Asencio und wollte den Spanier vorübergehend in Girona parken. Doch daraus wurde nichts, da sie in Madrid ihr Veto einlegten. Was den königlichen Talentespähern bereits vor Monaten klar war, sollte auch Carlo Ancelotti wenig später feststellen.
Dass Asencio sich in den vergangenen Wochen im königlichen Starensemble festgespielt hat, hat er neben der schier endlosen Verletztenmisere nämlich auch dem Vertrauen seines Trainers zu verdanken. Das ist in sofern bemerkenswert, als dass die italienische Trainerlegende in den vergangenen Jahren nahezu nie auf Spieler aus dem eigenen Nachwuchs setzte. Der aufstrebende Defensivmann ist der klare Beweis dafür, dass sich auch für Ancelotti hin und wieder ein Blick in Reals überragende Nachwuchsabteilung lohnen würde.
In Reals Viererkette profitiert der aufstrebende Spanier, der zuletzt für die U-19 seines Landes auflief, neben der aktuellen Personalsituation auch von einer mangelhaften Transferpolitik der Blancos. Nachdem man im Sommer Kapitän Nacho Fernández ablösefrei nach Saudi-Arabien ziehen ließ, galt Lilles Leny Yoro als dessen legitimer Thronfolger. Weil aus einer Verpflichtung des Franzosen bekanntlich aber nichts wurde, entschieden sich Präsident Florentino Pérez und co. kurzerhand dazu, mit dem bestehenden Personal in die neue Saison zu gehen.
Senkrechtstarter Asencio: Vorbild für die nächste Generation
Was sich für die Verantwortlichen als fatale Fehleinschätzung entpuppte, wurde für Asencio zum absoluten Glücksfall. Auch wenn David Alaba nach seinem Kreuzbandriss zuletzt ins Teamtraining zurückgekehrt ist, deutet beim jungen Spanier aktuell nur wenig auf einen Sprung zurück in die Versenkung hin, wie es in den vergangenen Jahren beispielsweise bei Talenten wie Sergio Arribas oder Alvaro Rodriguez der Fall war.
Auch für Real, dass den Vertrag dass 21-Jährigen nach dessen ansprechenden Performances schnellstmöglich verlängern möchte, ist ein langfristiger Verbleib eines Castilla-Novizen von eigenem Interesse. Denn für La Fabrica, die berüchtigte Nachwuchsabteilung des größten Clubs der Welt, ist der Aufstieg eines Spielers wie Asencio auch so etwas wie eine Visitenkarte, um auch in Zukunft vielversprechende Talente in den königlichen Unterbau zu locken. Asencio dürfte wahrlich nichts dagegen haben, es als Vorbild für den Nachwuchs bis ganz nach oben zu schaffen.