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Der neue Mesut Özil, das türkische Wunderkind, absolutes Supertalent. Für Arda Güler gab es in den letzten Wochen und Monaten so einige Superlative, mit denen seitens der Medien ohnehin selten gespart wird. War der 18-Jährige Linksfuß und türkische Nationalspieler bei internationalen Topclubs längst in aller Munde, sickerte vorgestern dann durch, was auf dem Transfermarkt einschlug wie eine Bombe: Arda Güler wechselt von Fenerbahçe zu Real Madrid.
Der neue Özil
Um das vorweg zu nehmen: Die türkischen Vorgänger des jungen Linksfußes bei Real Madrid hören auf Namen wie den eines gewissen Mesut Özil, als dessen designierter Nachfolger Güler längst gilt, Nuri Sahin oder Hamit Altintop. Heißt also: Die Fußstapfen, vor allem in Bezug auf erstgenannten, sind in Madrid nicht gerade klein. Die Parallelen zu seinem ehemaligen Mitspieler schmeicheln einem jungen Mann wie ihm grundsätzlich natürlich, doch was bleibt, wenn man jegliche Vergleiche, die für einen solchen Youngstar ohnehin wenig zielführend und eher belastend denn beflügelnd wirken können, beiseite legt?
Dieser 18-Jährige Edeltechniker und längst auch Nationalspieler seines Heimatlandes, gilt als technisch überragender Linksfuß mit einem Höchstmaß an Verständnis für Raum und Ball. Zudem versteht er es, seine Mitspieler durch feinste Zuspiele in hervorragende Abschlusspositionen zu bringen, was den Vergleich zu seinem Lehrmeister und „Bruder“ Mesut Özil zumindest objektiv nicht sonderlich weit hergeholt erscheinen lässt.
Zwar kann Güler in seiner Zeit bei Real Madrid keinen Cristiano Ronaldo mehr mit Zuspielen füttern, wie es einst sein Mentor tat, aber dennoch eine große Rolle im Zukunftsprojekt der Königlichen einnehmen, die mit dem Türken einen weiteren Schritt in Richtung Umbruch gemacht haben. Dass der junge Linksfuß vor wenigen Stunden bei seiner Vorstellung im Rahmen einer Pressekonferenz verlautbaren ließ, „Real Madrid per Leihe zu verlassen“ sei keine Option, unterstreicht seine Ambitionen und das nötige Selbstvertrauen, um beim größten Club der Welt erfolgreich zu sein, eindrucksvoll (Gülers erste Worte bei Real Madrid).
„Dieser 18-Jährige Edeltechniker und längst auch Nationalspieler seines Heimatlandes, gilt als technisch überragender Linksfuß mit einem Höchstmaß an Verständnis für Raum und Ball.“
Wie könnte Gülers Rolle bei Real aussehen?
Fakt ist, Reals neue Nummer 24 sieht sich trotz hervorragender Anlagen einem enormen Konkurrenzkampf ausgesetzt, vor dem auch der ein oder andere arrivierte Spieler im Kader der Königlichen eventuell noch das Weite suchen könnte. Auf Gülers bevorzugtem Einsatzgebiet im offensiven Mittelfeld oder wahlweise als Nummer 8, gibt es bei den Blancos satte sechs Konkurrenten für drei Postionen, falls Carlo Ancelotti weiterhin auf das präferierte 4-3-3 System setzt. Dass diese Mitspieler dann auch noch auf Namen wie Kroos, Modrić, Bellingham oder Valverde hören, verbessert die Lage des Mittelfeldtalents nicht unbedingt.
Aber auch nur auf den ersten Blick. Zum einen, weil es sehr gut möglich erscheint, dass man allein aufgrund des schieren Überangebots im Zentrum kommende Saison auf ein 4-4-2 bzw. ein 4-1-2-1-2 umschwenkt und somit eine klassische Nummer 10 benötigt, da die Optionen im Sturm ohne die Verpflichtung einer echten Nummer 9 rar gesät sind. Zudem kann er auch auf dem rechten Flügel zum Einsatz kommen, seine große Waffe ist seine Flexibilität. Zum anderen könnte Güler davon profitieren, dass etwaige Konkurrenten wie Tchouaméni oder Fede Valverde laut Gerüchten und Angst um ihre Einsatzzeiten noch das Weite suchen könnten.
„Güler größte Waffe ist seine Flexibilität“
Ambitionen eröffnen Chancen
Lässt man solche Deutungen und Spekulationen über Fluchtgedanken und Systemumstellungen beiseite, ergibt sich für Güler natürlich ebenso durch Rotationen die Chance auf Einsatzzeit und die Hoffnung auf langfristige Perspektiven, falls Modrić und Kroos im Sommer 2024 ihre Karrieren beenden sollten.
Der Ist-Zustand für ein trotziges Talent, dass es allen beweisen will, scheint zunächst düsterer, als es im Endeffekt wirklich ist. Fakt ist: Besitzt Arda Güler wirklich diese Qualität, von der die ganze Welt schwärmt, wird er sich bei Real Madrid auf lange Sicht so oder so durchsetzen. Denn auch sein zukünftiger Coach sagte einst: „Wenn ein Spieler gut genug ist, ist das Alter nicht mehr als eine Zahl“.
„Besitzt Arda Güler wirklich diese Qualität, von der die ganze Welt schwärmt, wird er sich bei Real Madrid auf lange Sicht so oder so durchsetzen.“
Real, der Scouting King
Real Madrid selbst gelang so wieder einmal ein vielumjubelter Coup bei der Verpflichtung eines jungen Talents. Nach der Verpflichtung von Jude Bellingham vor wenigen Wochen findet mit Güler somit trotz riesiger Konkurrenz ein weiterer Hochbegabter den Weg nach Madrid. Das Alles ist keine Entwicklung, die von Ungefähr kommt, sondern wieder einmal ein Werk des hiesigen Chefscouts Juni Calafat.
Der unbekannte Strippenzieher, der auch Bellingham durch seine Vision schnell von einem Wechsel an die Concha Ospina überzeugte, demonstrierte der Fußballwelt nun erneut, welche Anziehungskraft Madrid und sein Mythos mittlerweile auch auf vielversprechende Talente hat. Das sich die Strategie des Clubs, weg davon, fertige Superstars für viel Geld einzukaufen, hin dazu, junge Talente für vergleichsweise wenig Geld einzukaufen und sie selbst zu Superstars zu formen, gewandelt hat, ist dem Scoutingnetzwerk der Blancos und ihrem überragenden Auge für Talente und deren Potential zuzuschreiben.
Arda Güler ist da nur ein weiteres Puzzlestück, um den langfristigen Generationenwechsel in Spaniens Hauptstadt einzuläuten. Für rund 20 Millionen plus Bonuszahlungen ein solches Talent an Land zu ziehen und diesem einen Weg aufzuzeigen, mit dem er sich vollends identifizieren kann, zeigt den Glauben Madrids in einen neuen Stern am königlichen Firmament und dessen Begeisterung, trotz aller Widrigkeiten beim größtem Club der Welt erfolgreich sein zu können. Real und Güler, das könnte passen!