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Morgen ist er also endlich gekommen, der Tag der Tage: Der BVB, der als Tabellenführer nach München reist, fordert den FC Bayern zum Tanz um die Tabellenführung auf. Uns steht im Rahmen dieses 26. Spieltages wohl das offenste Spitzenspiel seit 10 Jahren bevor, das zusätzlich auch noch viele brisante Konstellationen mit sich bringt. So erleben wir nicht nur eine mögliche Vorentscheidung um den Titel, sondern auch Thomas Tuchels Debüt an der Seitenlinie des deutschen Rekordmeister. Warum die Ernennung des ehemaligen Mainzers zum X-Faktor werden könnte, welche Rolle die Mentalität in diesem modernen Klassiker spielen wird und wieso das Spiel zum Meisterstück von BVB Coach Terzic werden könnte, erfahrt ihr in der folgenden Spielvorschau.
Alle Jahre wieder eine BVB Klatsche in München?
Schauen wir zunächst einmal auf die jüngere Historie, speziell die in München, erwartet die Borussia rein statistisch gesehen nichts Gutes. 1:3, 2:4, 0:4, 0:5, 0:6 lauteten die Ergebnisse der letzten fünf Vergleiche der beiden Mannschaften in der Allianz Arena aus Gästesicht. Oftmals kündigte sich eine schwarz-gelbe Pleite im Vorfeld dieser Partie unter Trainern wie Peter Stöger, Lucien Favre oder Marco Rose schon mehr deutlich an, die drohende Gefahr der Münchener Abteilung Attacke schien stets vorprogrammiert und die Dortmunder erschreckend machtlos. Doch in diesen Jahr scheinen die Dinge ganz anders zu liegen, als sonst. Man reist, wie eingangs erwähnt, nicht nur als Tabellenführer nach München, sondern stellt im Jahr 2023 bisher ungeschlagen die mit Abstand beste Rückrundenmannschaft. So schafften es Trainer Edin Terzic und sein Team in diesem Zeitraum, sage und schreibe 10 Punkte auf den FC Bayern aufzuholen. Die Borussia befindet nach einem unbeschreiblichen Lauf sowie den gleichzeitig immer wieder auftretenden Leistungschwankungen der Münchener nun also in der Rolle des Gejagten und sorgte indirekt mit für die Entlassung von Julian Nagelsmann, der vergangene Woche durch den ehemaligen BVB-Trainer Thomas Tuchel ersetzt wurde.
Tuchel als X-Faktor beim Bayern Debüt
Wie man so schön zu sagen pflegt: Des einen Freud ist des anderen Leid. Und auch wenn der neue Coach des Rekordmeisters auf seiner Antrittspressekonferenz sein Mitleid für den in fragwürdiger Art und Weise geschassten Vorgänger Julian Nagelsmann äußerte, profitierte der zuletzt vereinslose Tuchel von dieser Entscheidung immens. Mit seiner Verpflichtung gelang den Bayern nicht nur ein Coup gegenüber den Konkurrenten aus Madrid oder London, sondern auch ein möglicherweise genialer Schachzug im Hinblick auf das anstehende Spitzenspiel am morgigen Samstag Abend. Zum einen kennt der ehemalige BVB-Trainer den Verein und einige Spieler aus seiner Zeit im Verein (2015-2017) bestens und zum anderen besitzt er aufgrund seiner extremen taktischen Auffassungsgabe ein enormes know-how in Sachen Spielvorbereitung, die dem BVB das Leben potentiell erschweren könnte. Auch wenn Tuchel im Vorfeld des Topduells zusammen mit seinem kompletten Kader nur wenige Trainingstage blieben, darf man gespannt auf den spielerischen Ansatz der Mannschaft sowie die Personalauswahl sein. Nicht zuletzt Stars wie Thomas Müller oder Sadio Mané dürfte die Ernennung des 49-Jährigen zum neuen Trainer freuen, spielten sie unter Nagelsmann in den letzten Wochen doch eher eine untergeordnete Rolle.
Dortmund als starkes Kollektiv
Die Borussia aus Dortmund hingegen reist ohne das berüchtigte Überraschungsmoment nach München, so funktionierte das Kollektiv angeführt von Leadern wie Kapitän Marco Reus oder Leistungsträgern wie Emre Can und Jude Bellingham in den letzten Monaten einfach zu gut. Die Abstimmung der einzelnen Mannschaftsteile passt in bestehender Konstellation so hervorragend, dass sogar Weltmeister Mats Hummels (Vertrag läuft aus) seine Reservistenrolle ohne großes Murren in Kauf nimmt und sich dem sportlichen Erfolg unterordnet. Trainer Edin Terzic vertraut auf die Basics und die individuelle Qualität seiner Akteure, die den BVB in vorangegangenen Spielen auch immer mal wieder schmeichelhaft auf die Siegerstraße brachte. Aber auch durch solche Attribute wie Willen, Kampfgeist und Glauben zeichnet sich eine Spitzenmannschaft eben aus. Willst du deutscher Meister werden, brauchst du das nötige Glück auf deiner Seite, um erfolgreich zu sein. Wie die Westfalen sich gegen einen unausrechenbaren Gegner schlagen, wird eben deswegen auch und vor allem auf Trainer Edin Terzic zurückfallen, der es schaffte, die Mannschaft nach schwierigem Saisonbeginn auf Kurs zu bringen und dem Verein die Vision und den Zusammenhalt zurückzubringen. Ohne Zweifel braucht die ganze Mannschaft die Zuversicht und die richtigen Entscheidungen ihres charismatischen Anführers an der Seitenlinie, um in München endlich mal wieder Erfolg zu haben.
Offenes Spiel mit offenem Ausgang
Geht man nach der Analyse jetzt dazu über, sich an eine Prognose zu wagen, lässt sich in jedem Fall von einem offenen Spiel ausgehen. Der BVB wird sich mit Sicherheit erst einmal angucken, was der bajuwarische Verfolger zu bieten hat und im Umkehrschluss auf die eigene Konterstärke setzen. Schafft die Borussia es, den Spielstand einigermaßen offen zu halten und die individuelle Qualität von Jamal Musiala weitesgehend zu kontrollieren, ist ein Punktgewinn absolut im Bereich des Möglichen. Trotzdem ist auch dem Tabellenführer das ein oder andere Tor gegen die nicht immer sattelfeste FCB Abwehr zuzutrauen, weswegen ein torreiches Unentschieden realistisch erscheint. Die starke Borussia wird nach Rückstand gegen unter Trainer Tuchel enorm verbesserte Bayern zwei Mal ausgleichen und schlussendlich ein 2:2 mit nach Hause nehmen. Mit einem Punkt Vorsprung würde man so weiterhin als Spitzenreiter ins Feld gehen und hätte gegenüber den Münchenern, die nach wie vor noch in der UEFA Champions League vertreten sind, einen leichten Vorteil für die entscheidende Saisonphase.