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Am Donnerstag Abend erkämpften sich die Mainzer in der Conference League ein 1:0 bei Omonia Nikosia. Doch es stimmt längst noch nicht alles bei den Rheinhessen.
Das Europa-Comeback der Mainzer nach über neun Jahren ist also geglückt. Mit 1:0 zwangen sichtlich bemühte Gäste defensive Zyprioten aus Nikosia schlussendlich in die Knie. Was gemeinhin gerne als Arbeitssieg tituliert wird, offenbarte wieder einmal, dass in Rheinhessen noch viel Arbeit vor ihnen liegt. Eine aktive, bemühte Henriksen-Elf, der es häufig an der letzten Aktion mangelt, sahen wir in dieser Spielzeit schon häufiger.
Während man bislang nur bei den beiden 4:1 Erfolgen in Augsburg und in der UECL-Quali zu Hause gegen Trondheim auf ganzer Linie überzeugen konnte, wirken die Nullfünfer immer wieder zu verkopft, zu ausrechenbar. Was in der vergangenen Spielzeit noch durch eine enorme Intensität abgefedert wurde, geht dem Team bislang ab. Es ist in Rheinhessen auch eine Sache der Überzeugung.
Viel Mainzer Aufwand
Bittere Niederlagen wie zu Hause gegen Köln oder RB Leipzig (beide 0:1) schufen für Bo Henriksen und sein Team schnell negative Referenzerlebnisse. Auch das unglückliche 1:1 in Wolfsburg brachte den Mainzern trotz einer guten Leistung erst spät immerhin noch einen Punkt ein. Erneut lautete das Motto: Viel Aufwand, wenig Ertrag.
Einen gewissen Beitrag dazu liefert auch das Personal. Ohne den abgewanderten Jonathan Burkardt fehlt den Rheinhessen ein formstarker Vollstrecker, der im Sinne der Verantwortlichen im Kollektiv ersetzt werden sollte. Obwohl Nadiem Amiri in dieser Disziplin erneut einen Schritt nach vorne machte, geht seinen Kollegen die Torgefährlichkeit bislang ab. Während Rekordneuzugang Benedict Hollerbach zuletzt mit muskulären Beschwerden ausfiel, laufen Akteure wie Paul Nebel ihrer Form bislang noch hinterher.
Henriksen und die Routiniers
Neuverpflichtungen wie William Bøving haben es in Mainz in den ersten Monaten unter Coach Henriksen historisch schwer. Auf den offensiven Halbpositionen setzte der Däne zuletzt lieber auf die arrivierten Kräfte. Ein weiteres „Markenzeichen“ des 50-Jährigen: Er hat seine Lieblinge, die auch in Zeiten von Formlöchern zumeist den Vorzug erhalten.
Beispiel gefällig? Auch auf den Außenbahnen fehlt den Mainzern mit Anthony Caci bis zum Jahresende ein absoluter Unterschiedsspieler. Während mit Arnaud Nordin (Kam im Januar aus Montpellier) sowie Nikolas Veratschnig zwei Alternativen mit dem nötigen Grundspeed zur Verfügung standen, entscheid Henriksen sich in der Bundesliga für Kapitän Silvan Widmer. Eine Schlüsselposition der eigenen Pressinglinie mit dem seit geraumer Zeit formschwachen Schweizer zu besetzen, erscheint wenig nachvollziehbar.
Dass Henriksen sich gegen Nikosia überraschend für Veratschnig und Potulski entschied, ist lobend zu erwähnen. Auch das Armindo Sieb nach dem Leistungsprinzip zuletzt den Vorzug vor Nelson Weiper erhielt, ist ein positives Zeichen. Dennoch wird dies wohl zunächst die Ausnahme bleiben. Auch eine mögliche Umpositionierung von Rechtsfuß Mwene auf die rechte Seite, um mehr natürliche Flankensituationen zu generieren, gilt als unwahrscheinlich. Eine Möglichkeit, die dem Mainzer Spiel mehr Tiefe verleihen würde.
Mit dem bislang praktizierten Ansatz werden die Rheinhessen in den kommenden Wochen weiterhin vor Problemen stehen, die sich nur im Kollektiv lösen lassen. Das nötige Zutrauen in die eigene Stärke sowie personell harte, aber konsequente Entscheidungen erscheinen längst überfällig. Immerhin: Auch im vergangenen Jahr gingen die Mainzer aus einer ähnlichen Situation gestärkt hervor.