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Foto: Sandro Halank – https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/
In den vergangenen Jahren sah sich der BVB immer wieder mit der Mentalitätsfrage konfrontiert. Nach dem 4:4 gegen Juventus Turin dürften nun erneut Diskussionen aufkommen.
Nach 4:2-Führung in Minute 85 geht ein Team in aller Regel als Sieger vom Platz. Dass das Borussia Dortmund am Dienstagabend in Turin nicht gelang, hat unterschiedliche Ursachen. Eine davon ist definitiv etwas, das den Schwarz-Gelben schon länger abgeht: Der unbedingte Siegeswille. Wo man als Trainer dem Spieler eines ambitionierten Topklubs Meisteransagen ausredet, wird nach einer Champions-League-Partie gegen Juventus auch über ein gefühlte Niederlage in der Nachspielzeit gelächelt.
Bei den Westfalen redeten sie sich die emotionale Achterbahnfahrt beim italienischen Rekordmeister im Anschluss der Partie irgendwie schön. Während die Presselandschaft den international erprobten Kader des BVB als „zu naiv“ bezeichnete, sprach ausgerechnet der überragend aufspielende Karim Adeyemi davon, dass es „am Schluss nicht sein sollte“. Auch wenn sich Kollegen wie Gregor Kobel oder Felix Nmecha etwas deutlicher äußerten, fehlte einem im Nachgang im Kollektiv dennoch die analytische Schärfe.
Borussia Dortmund sabotiert sich selbst
Das der späte Nackenschlag gegen die alte Dame nicht das erste Mal in dieser Saison war, dass die Borussia einen sicher geglaubten Dreier noch aus der Hand gab, passt in dieses Bild. Auch beim FC St. Pauli kassierte das Team von Niko Kovac zuletzt in der Schlussphase noch spät das 3:3 und ärgerte sich im Anschluss auf ähnliche Art und Weise. Ein sichtbarer Lerneffekt? Fehlanzeige.
Der vielzitierte Lernprozess des entwicklungsfähigen Kaders wirkt für die Verantwortlichen immer wieder als gute Ausrede, um unerklärbare Rückschläge wie den am Dienstagabend zu rechtfertigen. Eine Erklärung, die mit Blick auf die letzten Jahre aber ins Leere läuft. Dass der BVB eine Führung nicht über die Zeit retten kann oder die Nerven im entscheidenden Meisterschaftsshowdown nicht halten, ist bei weitem kein Einzelfall mehr.
Was die Verantwortlichen versuchen zu beschönigen, haben die leidgeplagten Fans des BVB längst satt. Immer wieder wird im Fanlager des Vereins regelmäßig Kritik laut. Während fragwürdige Transfers nur bedingt zur ausgerufenen Marschroute passen, fordern die Anhänger längst tiefgreifende Veränderungen. Doch das diese Stimmen irgendwann erhört werden, erscheint von Jahr zu Jahr unwahrscheinlicher.
Denn wer seinen Akteuren genug Ausreden an die Hand gibt und sogar Titelansagen untersagt, konterkariert nicht nur die eigene Weiterentwicklung, sondern raubt den eigenen Akteuren still und heimlich die nötigen Ambitionen. Welches Signal auch nach dem 4:4 gegen Turin wieder von diesem Verein ausgeht, ist kein gutes Zeichen für alle, die es mit dem BVB halten.