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Die Saison des BVB gleicht in dieser Saison bisher einer reinsten Achterbahnfahrt. Spielerische Lichtblicke wechseln sich mit unterirdischen Darbietungen wie nicht zuletzt gegen Hoffenheim ab. Besonders Letztere traten in den vergangenen Monaten vermehrt in den Vordergrund und werfen im Vereinsumfeld immer mehr Fragen auf. Wie viel Schuld trägt Trainer Terzić, was macht den BVB-Kader so angreifbar und wie stellt sich der Verein in Zukunft vor allem in der Spitze wieder konkurrenzfähig auf? Ihr erfahrt es im heutigen Kommentar.
Falsche Personalauswahl & Taktik
Im Grunde war die verspielte Meisterschaft am 27.05.23 für den BVB der Anfang vom Ende: Die Mannschaft am Boden, Heilsbringer Terzić vor den Fans in Tränen aufgelöst. Das alles waren Bilder, die sich an diesem Tag für immer einbrannten. Dennoch machte sich schnell eine gewisse Jetzt-Erst-Recht-Mentalität im Umfeld breit, der Club wollte im nächsten Jahr unbedingt erneut nach der Meisterschale greifen. Rund neun Monate später ist von diesem Vorhaben und dem unbändigen Rückhalt des schwarz-gelben Anhangs für seinen einstigen Hoffnungsträger Terzić nicht mehr viel übrig. Zu groß ist die Diskrepanz zwischen den taktischen Mängeln und unzureichenden Vorgaben des 41-Jährigen in Pressing sowie Umschaltfußball und dem eigentlich benötigten Niveau, um erneut konkurrenzfähig in der Spitze mitmischen zu können. Folgerichtig bleiben auch die Ergebnisse aus, einige Akteure wie Emre Can oder Nico Schlotterbeck befinden sich wegen zweifelhaften Vorgaben seit Monaten in einem Formloch.
„Viel zu groß ist die Diskrepanz zwischen den taktischen Mängeln und unzureichenden Vorgaben des 41-Jährigen in Pressing sowie Umschaltfußball und dem eigentlich benötigten Niveau, um erneut konkurrenzfähig in der Spitze mitmischen zu können.„
Vom Sympathieträger zum Buhmann
Emotionsbündel Terzić, seit Sommer 2022 in seiner zweiten Amtszeit beim BVB aktiv, durchläuft so besonders in den letzten Monaten auch in der Kabine immer mehr die Entwicklung vom Sympathieträger zum Buhmann. Auch wenn der 41-Jährige sicher nicht der Alleinschuldige der sportlichen Misere ist (Platz 4 in der Bundesliga/ Nur 4 Siege aus den letzten 14 Spielen), trägt er doch die Gesamtverantwortung für ein unbeständiges Kollektiv, das in dieser Saison bisher weit unter seinen Möglichkeiten bleibt. Auch mit der Hinzunahme von Vereinslegenden wie Nuri Şahin und Sven Bender als neue Co-Trainer hat sich hinsichtlich einer spielerischen Weiterentwicklung so gut wie gar nichts getan. Treibende Kraft hinter dieser Idee war im übrigen ebenso der Dortmunder Chefcoach. Um die Saisonziele (Qualifikation für die Champions League) nicht zu gefährden, sollte der BVB, vor allem in Person von Sportdirektor Sebastian Kehl und Noch-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke, schnellstmöglich handeln.
„Auch wenn Terzić sicher nicht der Alleinschuldige der sportlichen Misere ist, trägt er doch die Gesamtverantwortung für ein unbeständiges Kollektiv, das in dieser Saison bisher weit unter seinen Möglichkeiten bleibt.“
Watzke hinterlässt verbrannte Erde
Vor allem ebenjener Watzke will den BVB im Herbst 2025 verlassen, um endgültig den Weg freizumachen. Aktuell steuert er allerdings sehenden Auges darauf hin, sein eigenes Vermächtnis massiv zu beschädigen, bevor er das Amt letztendlich an seinen Nachfolger übergibt. Immer lauter wird die Kritik an seinen überschwänglichen Lobeshymnen für den „Mann des Volkes“ an der Seitenlinie des Vereins. So wirkt es bisweilen fast so, als sähe der BVB-Geschäftsführer in seinem Trainer die Reinkarnation von Erfolgscoach Jürgen Klopp, die mittlerweile eher zur unglücklichen Kopie verkommt, denn zum legitimen Nachfolger des legendären Meistertrainers taugt. Seit dem Abgang von Watzkes Vertrautem Michael Zorc im Sommer 2022 wirkt die Vereinsführung vor allem sportlich kopflos, was nicht zuletzt die bedenkliche Personalauswahl der letzten 24 Monate aufzeigt. Spricht man über die Situation beim BVB sowie seine hierarchische Struktur, kommt man nicht umhin, auch Zorcs Nachfolger Sebastian Kehl mit ins Boot zu holen.
„So wirkt es bisweilen fast so, als sähe Watzke in seinem Trainer die Reinkarnation von Erfolgscoach Jürgen Klopp, die mittlerweile eher zur unglücklichen Kopie verkommt, denn zum legitimen Nachfolger des legendären Meistertrainers taugt.“
Welche Rolle spielt Kehl?
Neben Watzke und Terzić ist Sportdirektor Kehl der dritte Teil dieses stark präsenten Triumvirats, das in Zusammenhang mit dem BVB und seinem Trainerproblem öffentlich zur Verantwortung gezogen werden muss. So ist Kehl durch kürzliche Fehlkäufe wie Lukas Nmecha oder Marcel Sabitzer mit für das Spielermaterial verantwortlich, aus dem Terzić Woche für Woche auswählen muss. Zudem verpasste er es mehrmals, seinen Trainer von dessen Aufgaben zu entbinden und damit den kurzfristigen Erfolg zu sichern. Nicht zuletzt in der Winterpause hätte sich die optimale Möglichkeit für eine Kurskorrektur in Personal und Spielweise geboten. Kehl und Co. entschieden sich bekanntlich anders und wirken durch die tägliche Arbeit mit dem Chefcoach zu geblendet und desillusioniert, als dass man hier in absehbarer Zeit dessen folgerichtige Demission vermuten könnte.
Entlassung unausweichlich
Trotz der ohne jede Frage mitverantwortlichen Personen bestehend aus Geschäftsführer und Sportdirektor wird es schlussendlich doch der Kopf des Trainers sein, der rollen muss. Terzić hat nicht nur bei den Fans in den vergangenen Monaten massiv Kredit verloren, sondern auch in der Kabine aufgrund seiner taktischen Herangehensweise enorm an Rückhalt eingebüßt. Rückblickend betrachtet ist die verlorene Meisterschaft wohl in doppelter Hinsicht als Knackpunkt und Anfang vom Ende für den charismatischen 41-Jährigen anzusehen. Für den BVB gilt es, schnellstmöglich ins Handeln zu kommen und einen neuen Trainer an Land zu ziehen, der diesem eingeschlafenen Kollektiv wieder Leben einhaucht und am Saisonende die Mindestvorgabe Champions League Qualifikation realisiert. Klar ist: Für Terzić sind die Tage trotz seiner Verbundenheit zu Club und Fans besser heute als morgen gezählt, strebt der Verein in Zukunft auch wieder eine Entwicklung in die richtige Richtung an.