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Das wohlmöglich größte Duell des diesjährigen Achtelfinals ist also gespielt. Der FC Bayern München setzte sich im Duell der beiden Topfavoriten auf den Champions League Titel durch und schlug den katarisch finanzierten Verein aus Frankreichs Hauptstadt über 180 Minuten verdient mit 3:0. Warum die Bayern an diesem Abend nahezu alles richtig machten, PSG taktisch sehenden Auges ins Verderben lief und weshalb Kylian Mbappé schleunigst den Abflug Richtung Madrid machen sollte, erfahrt ihr im folgenden Text.
Bayern stark – Paris ein einziges Mysterium
Die Bayern erwischten in nahezu allen Bereichen einen Sahnetag, waren dem Gegner fast immer einen Schritt voraus und bestritten die Zweikämpfe in den wichtigen Zonen des Spiels gegen Weltfußballer Messi und Co. zumeist erfolgreich. Vor allem das Mittelfeld um Joshua Kimmich und Leon Goretzka bot den Zuschauern in der Münchener Allianz Arena einen Weltklasseauftritt und ließ die Pariser Offensivbemühungen mit einer Ausnahme zu keiner Zeit wirklich gefährlich werden. Auch wenn die taktische Komponente (dazu gleich mehr) an diesem Abend ebenfalls eine wichtige Rolle spielte, kamen die Bayern in ihrer Geschlossenheit und aufgrund des größeren Willens dem französischen Starensemble vor allem durch Mentalität bei.
Das gelang auch, weil es sich für die Gäste dabei um ein Fremdwort zu handeln scheint. Mbappé, Ramos und Co. erwischten an diesem Abend einen rabenschwarzen Tag und müssen sich auch in dieser Saison wieder unangenehme Fragen bezüglich des eigenen Leistungsvermögens gefallen lassen. Nicht, dass es die überbezahlten Stars aus Paris irgendwie interessieren würde, aber die Frage stellen wird man ihnen trotzdem. In Frankreichs Hauptstadt scheint man sich gefühlt in einem fortlaufenden Déjà-vu zu befinden und sich durch ein von Itachi Uchiha praktiziertes „Izanami“ (Grüße an alle Naruto Fans) in einer Art Endlosschleife zu bewegen, in der man sein eigenes Scheitern so lange vorgeführt bekommt, bis man eine endgültige Wesensveränderung durchläuft.
Oder der Einfachheit halber: Und jährlich grüßt das Murmeltier. Und nicht nur das grüßt dabei jährlich, sondern auch die Frage nach der Leistungsfähigkeit dieses milliardenschweren Katarkonstrukts. Und dabei meine ich die Leistungsfähigkeit auf allen Ebenen: Auf der des völlig falsch zusammengestellten Kaders, der des Trainers und vor allem auch der der sportlichen Führung, die das Ganze zu verantworten hat. Dieser Verein ist der reinste Trümmerhaufen.
Taktik: Nagelsmann brilliant – Galtier arrogant
Über das Personal und die sportliche Führung habe ich mich schon eingehend ausgelassen, weshalb es jetzt an der Zeit ist, über die Schlüsselpersonalie in diesem Spiel zu sprechen: Trainer Christophe Galtier. Doch um sein taktisches Scheitern an allen Fronten genauer erklären zu können, möchte ich erst einmal kurz die an diesem Abend zwar simple, aber äußerst effektive Taktik des Gegners beleuchten.
Die Mannschaft von Trainer Julian Nagelsmann verstand es, durch kluges Positionsspiel sowie eine gute Raumaufteilung die Pariser Pressingbemühungen immer wieder ins Leere laufen zu lassen, sodass die Offensivkünstler zumeist unnötige Meter machten, was ihre sowieso schon von Natur aus vorhandene Abneigung gegen Pressing nur noch weiter verstärkte. Die Gastgeber verdichteten sowohl im eigenen Ballbesitz als auch in der Gegenbewegung immer wieder gut das Mittelfeld, was die Kreativzentrale um Verratti und Vitinha häufig dazu zwang, riskante Bälle zu spielen bzw. diese sogar zu verlieren.
Dass die Außenbahnspieler Davies und Stanišic immer wieder selbst in die Halbräume kamen, statt stur ihre Position zu halten und so zusätzlichen Druck auf das Spiel ausübten wurde neben ihrer grandiosen Defensivleistung gegen Messi und Mbappé zum medial wenig benannten X-Faktor dieses Spiels. Doch nun zu PSG und Galtiers Verfehlungen. Der Franzose, der im Vergleich zum 4-4-2 in Paris im Rückspiel mit einem 3-5-2 aufwartete, schien die taktischen Kniffe seines deutschen Gegenüber sogar erkannt zu haben, was für mich das Pariser Scheitern nur noch unverständlicher macht.
Einsicht kommt zu spät
Statt das Spiel mehr auf die Außen zu verlagern und damit die angesprochenen Davies und Stanišić zu binden, probierte man es weiter stur durch die Mitte, mit der Hoffnung durch kreative Geistesblitze des an diesem Abend völlig miserablen Verrattis auf Superstar Mbappé schon irgendwie durchzukommen, was für ein arrogantes Gedankengut! In meinen Augen hält sich Galtier und sein Team für besser als man eigentlich ist und verkennt genauso wie das ganze Pariser Umfeld die gnadenlose Realität: Man ist sportlich einfach nicht konkurrenzfähig.
Dass der 56-Jährige kurz vor Ende des Spiels in Juan Bernat für den völlig desolaten Nuno Mendes sowie Zaïre-Emery für den planlosen Fabian sogar noch die richtigen Wechsel vornahm, erschreckt eigentlich nur noch mehr. Allerdings rundet es auch die blamable Performance des gesamten Vereins auf internationaler Ebene ab, mehr gibt es hier einfach nicht mehr zu sagen.
Mbappé und Messi blass – und vor dem Abflug?
Während der FC Bayern, ähnlich wie Real Madrid im vergangenen Jahr, wieder einmal allen vorführt und deutlich aufzeigt, an welchen Tugenden (Mentalität, Hingabe, Siegeswillen) es dieser teuer zusammengestellten Söldnertruppe fehlt, liegt Paris wieder einmal am Boden und sieht sich im kommenden Sommer erneut mit einigen Umbauarbeiten konfrontiert.
Nicht nur das die Vögel inzwischen von den Dächern pfeifen, dass im Verein wegen des Financial Fairplay kadertechnisch gezwungenermaßen wieder einmal einige Umbauarbeiten anstehen, sollte sich die Verantwortlichen auch proaktiv von einigen seiner Leistungsträger trennen.
Altstars wie Messi oder Ramos besitzen offenbar keinerlei Ambitionen mit diesem Verein etwas zu gewinnen und Weltmeister Kylian Mbappé, der als einziger Superstar Identifikation mit diesem Club aufzuweisen scheint, sollte schnellstmöglich das Weite suchen. Da mag das Geld und die sportliche Macht noch so verlockend sein. Der FC Bayern hingegen zieht aufgrund einer überragenden Leistung hochverdient in die Runde der letzten Acht ein, in der es gegen deutlich ambitioniertere Mannschaften ungleich schwieriger werden dürfte.